3000 Besucher in zwei Monaten, das gab’s noch nie!

Brauerei- und Molkereiausstellung war absoluter Renner: Neuer Stadtheimatpfleger Josef Rosenkranz hebt den Schatz der Familie Schmelter, Haus-Hövener-Team, Briloner und Semper Idem bereiten ihn auf

„Innerhalb von einer Woche waren wir ausverkauft,
dann haben wir noch was draufgepackt und jeden Abend,
auch am Wochenende, Führungen angeboten.‟

Carsten Schlömer,
Leiter des Museums Haus Hövener

 

Brilon. Stolze 3000 Besucher in zwei Monaten, das gab es noch nie! Carsten Schlömer, Leiter des Museums Haus Hövener, ist erschöpft und glücklich. Am 27. April endete die Sonderausstellung zur Brauerei- und Molkereigeschichte. Jeden Abend gab es Führungen, meist für gleich mehrere Stammtische. „Innerhalb von einer Woche waren wir ausverkauft, dann haben wir noch was draufgepackt und jeden Abend, auch am Wochenende, Führungen angeboten.“ Ein echter Renner.

Das Erfolgsgeheimnis der Ausstellung, wie auch des gesamten Haus Hövener: „Wir erzählen eine ganz klare wissenschaftlich aufgearbeitete Geschichte und ermöglichen gleichzeitig, dies auf besonders schöne, faszinierende, manchmal auch melancholische Weise zu erfahren. Man darf oder soll sogar mit einem Augenzwinkern bei uns durchgehen. Was man hier sieht, ist Brilon“, sagt Carsten Schlömer. Während der Brauereiausstellung ging es im Foyer direkt an die Theke, davor hing eine große Stammtischkrone aus der ehemaligen Ratsschänke, welche Briloner Originale zeigte – Fotos und Sprüche auf Plattdeutsch von diversen „Stammtisch- Brüdern“. Erstellt und zur Verfügung gestellt hatte sie der Briloner Albert Kürmann. An der Theke wurde, passend zur Ausstellung konzipiert, das Dino-Esel-Bier – kurz Diesel – ausgeschenkt. Eigens vom Scharfenberger Franz Mast gebraut und das Logo von Museumsmitarbeiterin Doris Tilly erstellt. Von ihr gab’s auch noch Sol-Eier dazu, außerdem Frikadellen und Pfefferbeißer von der Metzgerei Scharfenbaum. Ja, und auch mit dem Humpen in der Hand durften die Besucher durch die Museumsräume.

„Wir konnten so viele
Geschichten erzählen!“,

schwärmt Carsten Schlömer. Er sah die Exponate und recherchierte. Über die Familie Schmelter in der Derkere Straße…, über die Milchbauern und die Molkerei am Raiffeisenweg…. Handfestes wie Milchkannen oder Humpen und viele Fotos sowie Gemälde und auch eine Diaschau am Monitor, dokumentierten dies in den nachfolgenden Räumen. Es dauerte vier Generationen, bis Joseph Schmelter 1886 die große industrielle Brauerei errichten konnte. Teile bilden bis heute ein Stück des jetzigen Kolpinghauses, auch wenn die Brauerei wegen ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklungen nur rund zehn Jahre in Brilon Bestand hatte. Der Gastronomie blieb die Familie treu. „Das Kolpinghaus, das Törchen oder auch der Bierkeller im Rochuswäldchen sind ohne die Schmelters nicht denkbar“, so Carsten Schlömer. Und er ergänzt: „Eine solche Bedeutung erlangte auch die Genossenschafts-Molkerei
Brilon. Viele Menschen fanden dort ihre Arbeit und ebenso soziale Kontakte. Darüber hinaus kennen viele noch die Milchböcke in den Dörfern, die Eisdiele im Steinweg und am Markt und das tägliche Milchholen…“

Weißt Du noch? Unzählige Male fiel dieser Satz in der Ausstellung oder auch auf den Fluren, als sich die Stammtische trafen. Ein Selfie vor dem großen Gemälde, das Wilhelm Jacobi und den Tierarzt Dr. Quick am Tresen zeigt, war sehr begehrt. Die beiden am Tresen, die Besucher auf der Bank davor. Kneipengeselligkeit früher wie heute – sie ist einfach zeitlos. So einige Gruppen zogen nach ihrem kurzweiligen Museumsevent, quasi ein Kultur-Aperitif, einfach ein Häuschen weiter. „Wir möchten fundiertes wissenschaftliches Arbeiten bürgernah präsentieren. Dafür war dies die ideale Ausstellung“, sagt Carsten Schlömer.

Den Schatz hob Stadtheimatpfleger Josef Rosenkranz. Er kam im Herbst 2023 ins Museum und berichtete von seiner Entdeckung: „Ich war schon immer auch an der Brauereigeschichte interessiert, durch Zufall kam ich dann mit Michael Wess, dem ehemaligen Törchen- Wirt, der nun in Lippstadt lebt, zusammen. Er erzählte, dass er einer der Nachfahren der Familie Schmelter sei.“ Als die beiden sich in Wess‘ Elternhaus direkt neben dem Törchen trafen, fielen Josef Rosenkranz vor allem an den Wänden peu à peu Erinnerungsstücke an die Brauereigeschichte auf: Gemälde, Zertifikate und vieles mehr. Josef Rosenkranz dachte sofort an eine Ausstellung und die Familie Wess war einverstanden. „Wir haben das ganze Haus gemeinsam durchforstet. Von Zertifikaten bis hin zu Familienstammbäumen habe ich im Laufe von Wochen, wenn nicht gar Monaten, alle Stücke aus dem Haus dem Museum zugeführt.“

Die ersten Exponate lagen auf dem Tisch, schon war der Schalter bei Carsten Schlömer umgelegt. Es dauerte keinen Tag, da war das erste Plakat mit fundiertem Wissen zur ersten Person aus der Familie Schmelter erstellt. Und das ganze Museums-Team legte mit Volldampf los, um den Schatz, der gefunden war, gebührend aufzubereiten. „Es geht nur mit Leidenschaft – für Geschichte und Region. Alle haben Bock, es braucht Brückenbauer, Kümmerer, einfach zuverlässige Leute, begeisterte Leute. So kenne ich das Team hier und für diese Ausstellung haben alle Gas gegeben.“ Auch Josef Rosenkranz, der erst seit kurzem im Amt ist, stimmt begeistert zu: „Ohne das Team hier in diesem Museum, mit dieser Einsatzbereitschaft von allen, das freiwillige ehrenamtliche Engagement, würde es nicht funktionieren. Den Weg gehen nicht viele mit. Ich freue mich immer, hier alle zu treffen und was ganz Neues zu erfahren.“

Dritter im Bunde: Semper Idem. Zwar gehen die Exponate erst einmal an die Familien zurück, es ist aber geplant, dass das Museum sie über ein Depositum, einen
Vertrag u.a. mit der Familie Wess, zu archivieren. Und der Heimatbund hat den Schatz schon mal inhaltlich bewahrt, indem er mit Erlaubnis Digitalisate der Dokumente erstellte. Dieser Eifer ist ansteckend und berechtigt unbedingt zur Vorfreude auf die nächsten Sonderausstellungen sowie Museumsbesuche. Wie es weitergeht? Mit Pitt Moog und danach Bergbau. Klingt spannend, aber auch etwas entspannend für den Museumsdirektor und sein Team nach intensiven zwei Monaten. Zwei Dinge gibt Carsten Schlömer noch Preis, die ein wenig was über ihn verraten: „Ja, ich bin zwischendrin auf alkoholfreies Bier umgestiegen, weil ich ja nahezu jeden Abend Führungen hatte… Und ich fahre jetzt bald erstmal in den Urlaub, nach 20 Jahren das erste Mal wieder.“ Es ging nach Florenz. Geschichte erleben – was auch sonst!