Medizin-Weltenbummlerin mit feinen Nadeln:

Romana Krahn verbindet westliche und östliche Heilkunde.

„Ein Leben zu führen, das mir und meinen Bedürfnissen
möglichst optimal entspricht,
ist die beste Krankheitsprävention.‟

Ramona Krahn

 

Brilon. „Mensch, das macht ja was!“ Eigentlich liegt Katharina Böddicker, Medizinische Fachangestellte aus der Praxis nebenan, nur fürs Foto hat sie sich hingelegt. Sie war noch nie zur Akupunktur. Romana Krahn, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Traditionellen Chinesische Medizin (TCM) und Akupunktur, setzt ihr eine kleine Nadel nur kurz ans Handgelenk. „Das kribbelt ja richtig“, sagt ihr Fotomodel interessiert.

Bei der Akupunktur werden durch das Setzen von Nadeln an definierten Akupunkturpunkten Impulse ausgelöst, die in den Energiebahnen, dem Meridiansystem des Körpers weitergeleitet werden und eine Regulation des Flusses der Lebensenergie Qi bewirken sollen. „Ein gleichmäßiger Qi-Fluss ist die Basis von Gesundheit und Wohlbefinden. Flussstörungen und Blockaden führen zu Beschwerden und Krankheiten“, erklärt Romana Krahn Grundprinzipien der TCM. In ihren hellen, ansprechend eingerichteten Praxisräumen im 2. OG des Maria-Hilf-Krankenhauses stehen zwei Liegen, umrahmt von fernöstlichen Paravents. Hier verbringen die Patienten nach dem Platzieren der Nadeln eine knappe halbe Stunde bei leiser Entspannungsmusik.

Den ganzen Menschen betrachten
Qi ist etwas, das kein Röntgenbild und kein anderes bildgebendes Verfahren oder Laborwerte zeigen können. Qi ist die universelle Lebensenergie. „Das Modell der TCM geht davon aus, dass sie, in ausreichender Menge vorhanden und gleichmäßig fließend, die sogenannten Funktionskreise regelrecht versorgt, was zum geistigen und körperlichen Gleichgewicht führt.“ Dies sagt eine Medizinerin, die in westlicher, wie in östlicher Heilkunde ausgebildet ist, und einer tschechischen Arztfamilie entstammt.

Den ganzen Menschen betrachten, das wollte sie schon immer, darum der Weg in die Allgemeinmedizin. Ihrem Mann Andreas nach Brilon folgend, der bis 2016 als Chefarzt in der Inneren Medizin des KH Brilon tätig war, absolvierte sie den allgemeinmedizinischen Abschnitt ihrer Facharztausbildung bei Dr. Thomas Kretzschmar. Und ihr Vater, Chirurg, brachte sie auf die Idee, sich zusätzlich in TCM ausbilden zu lassen. „Das fand ich wirklich spannend. Ich habe die Ärztekammer kontaktiert und eine zweijährige Akupunktur-Ausbildung absolviert und nach abschließender Prüfung meine Zusatzbezeichnung ,Akupunktur‘ erhalten.“

Privatärztliche Praxis seit dem Jahr 2010
Danach folgten weitere Fortbildungen: chinesische Kräuterheilkunde Kinderwunsch-Behandlung, Schmerztherapie, Ohrakupunktur, japanische Kinder-Akupunktur… Die wachsende Begeisterung für die TCM führte sie schließlich, von ihrem Mann bestärkt, zu dem Entschluss, nur noch privatärztlich mit dem Schwerpunkt „Chinesische Medizin“ zu arbeiten. „Die Kombination von Allgemeinmedizin und TCM wäre reizvoll gewesen, aber in meinen Augen schwer umsetzbar.

So wagte ich diesen großen Schritt und gab meine kassenärztliche Zulassung ab.“ Seit mittlerweile 13 Jahren führt sie ihre Praxis im Briloner Krankenhaus in gemeinsamen Räumlichkeiten mit „Praxis für die Frau“ und „Praxis Bauchwunder“. Neben Patientinnen mit Kinderwunsch, zyklusbedingten sowie Wechseljahresbeschwerden, behandelt sie Allergiker, Schmerzpatienten und zunehmend häufig Patienten mit Stress bedingten Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verspannungen, Unruhe- und Erschöpfungszuständen, Schlafstörungen, Reizdarm und vielen anderen Störungen. Viele profitieren von der Akupunktur, besonders gut sprechen Beschwerden der Lendenwirbelsäule, Knie und Kopfschmerzen an. Oft empfinden sie die Patienten als wohltuend und sind entspannter als vor der Behandlung. Und auch beim Thema Kinderwunsch konnte sie helfen.

Östlich und westlich oder eher alt und neu?
Romana Krahn hält es mit Hippocrates, der sagte: „Bevor Du jemanden heilst, frage ihn, ob er bereit ist aufzugeben, was ihn krank macht.“ Dementsprechend hat sie sich mittlerweile von der eigenen wie auch von der von außen an sie herangetragenen Erwartungshaltung befreit, jeden Menschen heilen zu können. „Es liegt nicht allein in meiner Hand, ob ein Patient beschwerdefrei wird.“ In der TCM spricht man von „Yangsheng“, der Pflege des Lebens, in deren Mittelpunkt ein gesundheitsfördernder Lebensstil steht.

„Ein Leben zu führen, das mir und meinen Bedürfnissen möglichst optimal entspricht, ist die beste Krankheitsprävention.“ Gleichzeitig schaut sie genau hin und rät ihren Patienten, doch lieber noch mal jenen Laborwert checken zu lassen oder lieber einmal zum Kardiologen zu gehen. In jedem, was sie sagt, schwingt ihre Verbindung zu westlichen wie östlichen Heilmethoden mit. Oder aber auch zu neuerem wie älterem Wissen. Denn Manches, was Romana Krahn praktiziert, hat es ja auch mal bei uns gegeben, so etwas wie traditionelle europäische Medizin, die aus verschiedenen Methoden bestand und ebenfalls ganzheitlich praktizierte (Kneipp-, Klostermedizin und vieles mehr).

„Es ist wohl schon bei Steinzeitmenschen akupunktiert worden, es wurden sogar beim Ötzi Tätowierungen entdeckt, die den heute bekannten Akupunkturpunkten entsprechen und die zeigen, dass ,Der Mann im Eis‘ bereits Probleme mit dem Rücken und mit dem Darm hatte!“

Erwartungshaltung an westliche Mediziner
Die moderne Medizin ist hochentwickelt und so hoffen viele, dass es gegen jede Krankheit ein Heilmittel geben muss, was auch in vielen Fällen der Fall ist. In unserer schnelllebigen , vielfach herausfordernden Zeit sind es allerdings oft Symptome von Überlastung und psycho-physischer Erschöpfung (Stress-bedingte Beschwerden, s.o.), die die Menschen in Arztpraxen und Krankenhäuser treiben. So ist die Erklärung der TCM für das Entstehen von Krankheiten auch, dass die oben beschriebenen Flussstörungen und Blockaden von Qi durch ungünstige Lebensweise, körperliche und emotionale Belastungen sowie ungesunde Beziehungen und „geistige Nahrung“ verursacht werden. Romana Krahn ermutigt ihre Patienten, die Verantwortung fürs eigene Wohlbefinden wieder mehr in die eigene Hand zu nehmen, denn im Grunde weiß jeder Mensch ganz instinktiv, was ihm guttut und was ihm schadet. „Ich möchte sie über meine Methoden dabei begleiten, ihre persönlichen Anliegen zu klären und über ihre bereits vorhandenen Kompetenzen Lösungen zu finden“, sagt Romana Krahn, die jüngst eine Ausbildung im Systemischen Coaching abgeschlossen hat.

„Das Wichtigste ist dabei, zu den eigenen Gunsten hin umzudenken und das auch gegenüber der Außenwelt zu kommunizieren. Und man muss sich davon frei machen, Beifall bekommen zu müssen. Wie hat schon der Philosoph Seneca gesagt? ,Ich habe angefangen, mir selbst ein Freund zu sein.‘ Und: ,Wisse auch, dass ein solcher Mensch allen ein rechter Freund sein wird!‘“