Die Weiße Frau im Blick, das Tablet unterm Arm
Biologin Melanie Brandenburg Planungsbüro für landschaftsplanerische Dienstleistungen, umweltrechtlichen Gutachten und Co.
Brilon. „Hast Du ein absolutes Lieblingsfach? Super, dann studiere es!“, sagt Melanie Brandenburg. Die 35-Jährige Rösenbeckerin ist das beste Beispiel, dass berufliche Leidenschaft ein Erfolgsgarant ist. „Green Solutions“ heißt heute ihr Planungsbüro, das sie vor einem Jahr in Brilon gegründet hat.
Studiert hat sie zunächst Biologie, dann im Master „Umwelt- und Ressourcenmanagement“ an der Justus- Liebig-Universität in Gießen. Und das ist bekanntlich ein Bereich in dem die Arbeitsstellen, zumal auf dem Land, nicht breit gestreut sind. Aber ist diese Annahme nicht schon längst Vergangenheit? Ihr Werdegang zeigt, dass sich gerade in den Naturwissenschaften ganz neue Chancen auftun können. „Nachdem ich 2013 fertig war, bin ich immer so für zwei Jahre irgendwo in der Region beruflich unterwegs gewesen. Nach der Abschlussarbeit am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Schmallenberg, wollte ich raus in die Natur. Mein erster Arbeitgeber war die Biologische Station, damals noch in Bödefeld.“
Als Biologin erschließt sich die 35-Jährige ihre Heimat auf ganz anderen Wegen. „Gleich an meinem ersten Arbeitstag an der Biostation stand ich auf der Aussichtsplattform an der Weißen Frau in Rösenbeck, blickte über das Hoppecketal und dachte: welch cooles Schutzgebiet ich doch genau vor meiner Haustür habe und welch Privileg es ist, mit der ökologischen Erkundung unserer Gegend mein Geld zu verdienen“, schildert Melanie.
„Green Solutions“ für Bauvorhaben
in der Region finden: Vielfältige Anfragen
Nach Ende der Projektarbeiten wechselte sie zum Berufskolleg Lippstadt. „Zwei Jahre habe ich Biologie und Umweltschutztechnik unterrichtet, anschließend war ich an der Universität in Paderborn als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig“. Und die nächste Wende: Sie sah, dass die Stadt Paderborn eine Stelle im Amt für Umweltschutz und Grünflächen ausgeschrieben hatte. „Ich arbeite aktuell in Paderborn mit einer halben Stelle und stehe beruflich in ständigem Austausch mit verschiedensten Planungsbüros. Viele Büros sind durch komplexe Infrastrukturprojekte und Windkraftplanungen über viele Monate ausgebucht. Daher weiß ich, wie schwer es oftmals ist, selbst für normale Bebauungspläne oder kleine Einzelvorhaben zeitnah einen zuverlässigen Anbieter zu bekommen. Nachdem ein Freund damals meinte, das macht dir doch Freude, und warum machst du nicht auch ein Planungsbüro auf, dachte ich mir: „O.K., ich mach’s einfach!“
Gesagt, getan. Anfang des Jahres 2023 hat sie sich mit einem Planungsbüro nebenberuflich selbstständig gemacht. Es heißt „Green Solutions“, weil sie eben solche grünen, umweltverträglichen Lösungen finden will. „Ich bin total überrascht, was da so an vielfältigen Anfragen kommt“, freut sie sich. Artenschutzprüfungen, Umweltberichte oder Landschaftspflegerische Begleitpläne sind nur einige Beispiele für ihre Tätigkeiten. Häufig kommen Anfragen von Kommunen oder Industrieunternehmen zur umweltschutzfachlichen Betreuung eines Projektes. „Es sind aber nicht immer nur große Auftraggeber, auch private Vorhabenträger oder Architekturbüros zählen zu meinen Kunden.“
Eigene Mission: Menschen in der Region in Sachen
Naturschutz mitnehmen
Wenn der Auftrag da ist, heißt es nicht selten: Ab ins Feld und dokumentieren! Im Nebenerwerb und mit einem guten Netzwerk an beruflichen Bekannten im Hintergrund, die mitarbeiten, wenn es mal zu viel wird oder ihr Expertise für ein spezielles Gebiet fehlt, ist Melanie Brandenburg gut aufgestellt. Ihre Arbeitgeberin, die Stadt Paderborn, erlaubte ihr den Nebenjob, schließlich profitiert sie vom Knowhow der Mitarbeiterin. Einzige Bedingung: Im Stadtgebiet Paderborn ist Melanie Brandenburg nicht selbstständig tätig, dort beauftragt sie andere Planungsbüros.
Zum Beispiel stehen im Büro Green Solutions in Rösenbeck Dinge wie diese an: Ein altes Bauernhaus stand lange leer und soll abgerissen oder umgebaut werden. Häufig bieten genau diese Objekte Fledermäusen oder Eulen optimale Quartiere. „Kein Problem, ich schaue nach und berichte.“ Für den Neubau einer Rettungswache wird ein Umweltbericht benötigt. „Alle Fachgutachten landen bei mir, vom Artenschutz, über Immissionsschutz bis hin zu hydrogeologischen Untersuchungen. Ich begutachte das große Ganze und kümmere mich ggf. auch um die Planung und Ausführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Falls notwendig kann ich ebenfalls die Umweltbaubegleitung übernehmen.“ Dafür ist sie zertifizierte Gutachterin.
Raubwürger, Wolf und Co. – Artenschutz ist kein einfaches Thema, gibt es da nicht hitzige Diskussionen im Freundeskreis? „Das Umweltthema gilt oft zu Unrecht als Spielverderber bei Planungsangelegenheiten. Bei der Umsetzung eines Vorhabens sorgt eine transparente und frühzeitige Öffentlichkeitsarbeit für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung. Um eine positive Resonanz oder sogar Begeisterung für ein Projekt zu erlangen ist es außerdem wichtig, dass naturschutzfachliche Inhalte möglichst verständlich und nachvollziehbar aufbereitet werden. Nur über Verständnis ist auch Akzeptanz zu erreichen.“
Biologie hat keine Zukunft? Von wegen! „Tatsächlich ist es eigentlich ein spannendes und breit gefächertes Arbeitsfeld in dem viel Knowhow gefragt ist, in dem Fachkräfte vor allem in unserer ländlichen Region jedoch auch Mangelware sind“, sagt Melanie Brandenburg.