„Ein eigener Salon mit Wohnzimmeratmosphäre“

Friseur Michael Wendel eröffnet trotz Corona seinen ersten eigenen Salon

Alles war seit fast einem Jahr geplant: Am 5. April zum Frühjahresevent „Brilon blüht auf“ wollte der frischgebackene Friseurmeister das erste Mal den Schlüssel zur Selbständigkeit symbolisch in seinem neuen, eigenen Salon umdrehen. Doch drei Wochen zuvor kam alles anders. Shutdown! Die angemieteten Geschäftsräume in der Briloner Königstrasse waren fast fertig renoviert, die Ware bestellt, die Farbe an den Wänden noch nicht ganz trocken, aber die Ladentür musste zubleiben. Shutdown!

„Das war natürlich ein Schock. Meinen alten Job hatte ich bereis gekündigt und ich stand ja nun voller Tatendrang in den Startlöchern. Und dann das…“ so der 31jährige gebürtige Werler, der wegen der Liebe seinen Weg ins Sauerland gefunden hat. „Aber wir wussten ja auch, irgendwann muss es ja weitergehen!“ Und diese Motivation nutze Michi Wendel und sein Lebensgefährte um dem kleinen Salon gegenüber dem Hotel zur Post seinen Feinschliff zu geben.

„Ein eigener Salon mit Wohnzimmeratmosphäre – das war schon immer meinTraum“. Und so kam es, wie es kommen musste. Die geplanten Ablageflächen an den Kundenplätzen wurden gegen zwei 80 Jahre alte Hobelbänke ausgetauscht, Wände und Fußboden mit einem befreundenden Raumausstatter farblich abgestimmt und ein Waschplatz mit Massagefunktion bestellt. „Rein kommen und sich wohlfühlen, dass ist das was ich für meine Kunden möchte. Und für mich natürlich auch“, erklärt der junge Wahlbriloner mit einem breiten Grinsen.

Am 4. Mai 2020 war es dann endlich soweit. Die Landesregierung hob den Shutdown auf und das Terminbuch war innerhalb von Minuten gefüllt. „Es war unglaublich. Schon vor dem Wochenende hatte ich viele Anfrage über Handy und WhatsApp. Aber am ersten Tag der offiziellen Eröffnung stand das Telefon nicht mehr still!“ Und seit dem arbeitet der junge Friseurmeister 10-12 Stunden täglich. Schneiden, Waschen, Färben, Föhnen, Aufräumen, Ware bestellen, Termine vereinbaren – um alles kümmert sich das Allroundtalent tagtäglich selbst. „Urlaub brauche ich im Moment weniger, dafür freue ich mich jeden Tag zu sehr auf die Arbeit in meinem eigenen Salon. Aber eine zuverlässige Kollegin an meiner Seite wäre eine echte Bereicherung.“ Doch die oder den Kollegen zu finden, scheint gar nicht so einfach. „Die Branche ist momentan sehr stark strapaziert. Erst seit wenigen Wochen kehrt langsam wieder Routine eine. Viele Kolleginnen und Kollegen können auf Grund der Hygienevorschriften noch nicht alle Arbeitsplätze zu 100 % belegen.“ Aber das alles scheint den Hobbykegler nicht aus der Ruhe zu bringen. „Gerade hat unsere neue Trainingssaison wieder begonnen. Da kann ich dann am Wochenende gut abschalten,“ erklärt der Werler Jugendmeister von 2006, der in der Saison 2017/2018 sogar in der ersten Bundesliga gekegelt hat. Aber es gibt noch etwas, bei dem Michi Wendel etwas entspannen kann: „Mit meinem Vorlesesalon genieße ich die Geschichten, die meine junge Kundschaft mir beim Arbeiten erzählt.“ Das Konzept Vorlesesalon, dass von der Initiative Lesen unterstützt wird, fördert das Lesen von Kindern: Während Michi Wendel den Kindern die Haare schneidet lesen diese ihm aus einer Auswahl an Büchern vor. Und wer noch nicht lesen kann, erzählt halt eine Geschichte zu den Bildern. „Die Phantasie der Kinder ist unbeschreiblich. Aber auch beim Vorlesen gibt es echt einige Talente die dir eine spannende Geschichte mit Betonung und allem Pipapo erzählen. Das genieße ich total“. Als Dank für die Unterhaltung kostet der Haarschnitt dann
nur noch die Hälfte.