Eine Wahnsinns-Halle

Briloner Schützenhalle sprengt alle Dimensionen: 100-Jähriges wird am 9. November gefeiert Brilon. Achtung, es hagelt schützentechnische Superlative! Am 9. November feiert die Briloner Schützenhalle ihr 100-Jähriges. Dies selbstverständlich mit einem großen Zapfenstreich und viel Musik von

Briloner Schützenhalle sprengt alle Dimensionen: 100-Jähriges wird am 9. November gefeiert

Brilon. Achtung, es hagelt schützentechnische Superlative! Am 9. November feiert die Briloner Schützenhalle ihr 100-Jähriges. Dies selbstverständlich mit einem großen Zapfenstreich und viel Musik von der Festmusik Original Hochsauerländer Hoppecke sowie dem Tambourkorps Brilon. Los geht es mit der Patronatsmesse um 17 Uhr in der Propsteikirche und dann in der Halle
selbst um 18.30 Uhr. Das Eselsohr gibt eine exklusive Führung vorab durch ein regelrechtes Monument, geleitet von Schriftführer Roland Bunse. Er ist Schützenkönig von 2018/19 und Teil der
40-köpfigen Vorstandsmannschaft rund um den Major und 1. Vorsitzenden Christian Herrmann. Warum es die braucht, ist schon nach wenigen Minuten Hallenrundgang mehr als offensichtlich.

Ja, hier ist sogar schon Peter Alexander aufgetreten! Sein Plakat hängt in der Künstlergarderobe unterm Königsthron bzw. Bühne. Aber das nur am Rande, denn andere Feste prägten die Halle
viel mehr. Sie gehört, wie ihr Name schon sagt, den Schützen. Und darum gibt es überall jede Menge Insignien an den Wänden oder in Räumen, von Orden bis hin zu Fahnen. Und ein Tränenzimmer, wo mit dem neuen Königspaar alles besprochen wird. Und – Achtung: Silberne Löffel mit Gravur. Die bekommen die Schützen von Flügeln und Kopf traditionell geschenkt! Los geht der Rundgang an den Kassenhäuschen vorbei über einen der vielen Aufgänge mit einem Blick von der Empore in den Saal. Die Reporterin ist überwältigt. Dies ist keine Halle, sondern ein 2500 Quadratmeter großes Schützenschloss. Ein Monument. Holz, Holz, Holz – überall und 100 Jahre alt. Wie hält das und was ist mit dem Holzwurm?

„Die Herausforderung ist, unser gutes altes Schätzchen am Leben zu erhalten.

Der Wurm war wirklich mal da, aber wir konnten ihm zum Glück den Garaus machen“, sagt Roland Bunse. Die Halle ist alles in allem gut in Schuss, was den engagierten Schützen und vielen gern helfenden Briloner Firmen und Handwerkern zu verdanken ist. Die Koordination der Arbeitseinsätze übernimmt Michael Schemm, 2. Vorsitzender und stellvertretender Major. An der Elektrik ist immer wieder etwas gemacht worden. Die Sanitäranlagen sind erneuert, die Schützenstube ist umgebaut. Aber ganz bald ist das Dach dran, es muss neu gedeckt, der Eternitschiefer entsorgt werden. „Das sind halt ein paar Quadratmeter, nur für die Südseite in Richtung Altenbürener Straße, reden wir von einer halben Million Euro.“ Wieder so ein Superlativ. Die sogenannten Geldmenschen des Vereins Geschäftsführer Heiner Humpert und Rendant Martin Schreckenberg kümmern sich täglich um die akuten Finanzthemen.

Doch auch dies werden die Briloner irgendwie stemmen, vielleicht trägt ja auch der bestens angenommene Wohnmobilstellplatz dazu bei. Denn so vieles hat die Halle schon überlebt: Sie überstand 1974, dank beherzter Wehrleute, ein Feuer in der Hausmeisterwohnung. Sie wurde im zweiten Weltkrieg als Waffenlager umfunktioniert und ramponiert zurückgegeben. Eingerahmt an der Wand vor der Sektbar: die Gründungsurkunde der Schützenbruderschaft.

Gründungsjahr 1417, sie ist eine der Ältesten in Westfalen

Heute müssen die Schützen nicht mehr ihre Stadt verteidigen, aber dafür ihr hölzernes Schmuckstück im Kampf gegen den Zahn der Zeit. Dies handwerklich und finanziell. „Da geht manche Stunde ins Land. Hallenwart Torsten Becker zum Beispiel kümmert sich tagtäglich um die Halle. Vermietungen kleiner wie großer Räume stehen an, dazu gehört Wasseruhr ablesen und vieles mehr. Der Hausmeister kümmert sich um die Liegenschaften, stellt zum Beispiel die Mülltonne raus“, weiß Roland Bunse. Viel, viel Engagement, das aber gebührend entlohnt wird durch Momente wie diesen: „Wenn die große Parade einmarschiert und 1500 bis 2000 Schützen mit ihren Holzgewehren auf den Tanzboden trommeln, dazu der Regimentsgruß in der vierten Schleife gespielt wird, das ist ein großartiges Gefühl“, sagt Roland Bunse.

Wir sind immer noch oben. Hier befindet sich nicht nur die riesige Empore, sondern gleich mehrere große und kleine Räume. Als allererstes das Tränenzimmer. Sind es Tränen der Freude oder des Schocks, wenn in diesem kleinen Raum, den sonst der geschäftsführende Vorstand nutzt, alles zur Regentschaft besprochen wird? „Das lassen wir der Fantasie offen“, sagt Roland Bunse.

So ein ähnlicher Satz wird später nochmal fallen, als es darum geht, was denn die Regentschaft in Brilon so kostet. Direkt nebenan: das große Vorstandszimmer mit eigener Theke. Und wieder durch eine Tür, rein ins Fahnenzimmer. Hier ist alles so viel größer. Auch die Cocktailbar nimmt locker 200 Besucher auf. Und mehr.

Eine Treppe wieder runter geht es im Erdgeschoss munter weiter mit dem Auf und Zu. Durch die Tür hoch zum Königsthron, dann wieder runter zu den Toiletten, wo gleichzeitig auch die Künstlergarderobe inklusive Dusche ist. Ein Blick in den eigenen Kühlraum nur für den Regenten und seinen Königstisch. Uralte Bilder und eine riesige Wand voller Orden direkt am Königsthron.
Mittendrin: das Briloner Spiegelei, der runde Königsorden. Na, und die Löffel… siehe oben. Nun noch detailliert von allen Theken, vom 25 Jahre alten Hubertussaal, der Sektbar, die gerade Lagerraum ist, und so weiter zu erzählen, das würde den Rahmen sprengen. Wichtig ist derweil, dass Roland Bunse einen elektronischen Schlüssel hat, den man abschalten könnte, würde er ihn verlieren. Denn die Übersicht über die Türen kann absolut verloren gehen.

Über einen Raum aber muss noch berichtet werden: der Bunker! Es riecht nach Rauch. Alte Holzmöbel, ein Kühlschrank, hinter Gitter eingeschlossene Spirituosen, ein paar Bierträger und vor
Kopf ein wuchtiger Schreibtisch, der Derrick oder einem rauchigen Privatdetektiv alle Ehre gemacht hätte: „Hier machen unter anderem die Kellner ihre Abrechnungen“, sagt Roland Bunse. Jede Menge Eisteedosen deuten indes darauf hin, was die Jugend heute so trinkt. „Finger weg, keine Lichtschalter!“, mahnt im Vorbeigehen ein Post-It an einem Stromkasten. Man male sich
aus, wenn jemand aus Versehen die Kühlung abstellt, so mitten im Schützenfesttrubel. Und ganz schnell wird klar und Roland Bunse bestätigt es: Richtig viel kühles Blondes trinken am Schützenfest eher die anderen, der Vorstand besser nicht. Sein 100-jähriges Schätzchen braucht gerade dann so richtig viel Zuwendung!