„Esel gehören seit Jahrhunderten zu Brilon. Ohne die Esel hätten
unsere Vorfahren nicht überleben können. Deshalb lieben und
verehren wir unsere Briloner Nachtigallen so sehr.“
Winfried Dickel
Brilon. Zehn Kinder, drei Esel, eine schöne Scheune und viel Grün drumherum: Der Briloner Heimatbund Semper Idem hat vor den Toren der Stadt Hubertas Eselschule eröffnet. Das Projekt, gefördert durch Heimatcheck- Mittel verspricht ein Renner zu werden!
Eine Kleinstadt mit 25.000 Einwohnern, drei Kreative, eine gut aufgestellte Wirtschaft und tolle Kulturangebote – fehlt nur noch das passende Lifestyle-Magazin im modernen Sauerland-Charme: Vor drei Jahren startete das Briloner Eselsohr. Zehn Ausgaben haben Gründer Jörg, Olli und Sören rausgebracht. Drei Esel und drei Eselsohren – haben sie vielleicht was gemeinsam? Wir forschen nach!
„Gestatten: Fridolin, Jack und Gustav – wir sind Ihre Lehrer!“ Na, so ganz läuft es nicht ab an Hubertas Eselschule. Richtig interessiert sind die drei erstmal nicht, als eine kleine Herde Kinder ihr Areal erobert. Esel-Unterricht sieht anders aus, deren Aufmerksamkeit müssen sich die Schüler*innen erarbeiten. Und das machen mit zunehmendem Vergnügen. „Gustav! Gustav!! Gustaaaav…!!!“, ruft Geburtstagskind Max und nach dem dritten Mal macht Gustav auch ein paar Anstalten. In der Scheune gehen die Kinder auf Tuchfühlung mit den drei Eseln. Ein Plakat zur Mimik zeigt ihnen, was der Esel so mag. Am liebsten: Streicheln und Bürsten an Stellen, wo sie mit ihren Hufen nicht hinkommen! So aufgeregt die Gruppe Zehnjähriger anfangs war, so beschäftigter sind sie nach und nach mit den drei tierischen Lehrern. Und schon nach kürzester Zeit fällt ein aufrichtiges: „Ich liebe Fridolin!“
„Gestatten: Jörg, Olli und Sören – wir wollen Brilon nach vorne bringen!“ Ja, auch die drei Eselsohr-Macher wollen Aufmerksamkeit, aber nicht für sich. Um ihre Heimat und all die schönen Alleinstellungsmerkmale sichtbar zu machen, tun sie alles. Sie sind dabei ab un zu störrisch und manchmal auch niedlich, wie Esel eben so sind. „Komm Sonja, die eine Geschichte noch!“ Nein zu sagen, das fällt angesichts der klasse Themen, die sie immer wieder neu und mit so viel Leidenschaft vorbringen, schwer. Fast unmöglich! Dazu liefern sie ein schönes Layout und perfekte Bilder. Warum? „Weil wir es lieben zu netzwerken und immer mehr Menschen das Brilon-Gen weiterzugeben. Motto: ,Bleib hier, ist schön!‘, wie es im Titel der jüngsten Ausbildungsausgab heißt“, sagt Chefredakteur Jörg Schlüter.
Das war im März, Eselsohr Nummer neun, nun ist das zehnte Lokal-Magazin in drei Jahren gedruckt. Eigenwillig, speziell, innovativ und doch traditionell auch zum Jubiläum. Brilons illegales Wappentier Huberta schon zweimal, die Köche Pio und Tommy, Sängerin Inga Andreas sowie Familie Kahrig schafften es unter anderem aufs Titelblatt.
Zurück zur Scheune unweit des Aatals. Unterricht mit Gustav, Jack und Fridolin, das ist Arbeit vom Halfter anlegen bis zum Abäppeln. Die Kinder lieben es, die Esel gewinnen sie im Spiel für sich – jede und jeden einzelnen der zehn, Stück für Stück. Der Gang auf die Wiese und das leckere Gras machten auch die Esel-Lehrer geschmeidiger: „Sie haben schon gespeichert, wenn Kinder kommen, gibt es was Saftiges“, sagen die Begleiterinnen Hiltrud Sprenger, Doris Tilly und Marion Bornemann von der Eselgruppe des Vereins Semper Idem. Insgesamt acht Mitglieder wurden an den Therapieeseln ausgebildet. „Wichtig ist uns, dass maximal immer nur höchstens sechs Kinder zusammen bei den Eseln sind. Währenddessen sprechen wir mit den anderen über Futter, Körperbau, Gestik, holen Heu und vieles mehr“, sagt Doris Tilly.
Was brauchen denn unsere drei Eselsohren? Ja, auch Zuwendung. Aber vor allem Mitspieler. „Für mich ist das Eselsohr ein Tool, das die Menschen hier verbindet und Austausch schafft“, sagt Oliver Vogel (Geschäftsführer Kreativkarussell GmbH). „Wir spüren eine große Akzeptanz in der Bevölkerung und möchten an dieser Stelle allen Unterstützern danken. Wir wissen, dass der Weg mit dem Eselsohr noch viele Spuren hinterlassen wird“, sagt Sören Duschek, Geschäftsführer Karma Marketing GmbH. Sie ergänzen sich perfekt: Olli, der online-Profi, Sören mit dem perfekten Blick für Bild und Ton und Jörg Schlüter (Werbeagentur Landluft Brilon GmbH) als wortakrobatischer Ideengeber. So hoffen sie, immer mehr Zusprecher für ihre Sache zu gewinnen. Überzeugen wollen sie durch sich selbst. „Wir wollen den Stolz in jedem Briloner wecken, in seiner Heimat zu leben und sie zu leben. Siehe Seite 1 vom Eselsohr: „Heimat lieben heißt Brilon leben!“
Schließlich schaffen Fridolin, Gustav und Jack das ja auch: „Selbst die störrischsten Kinder ordnen sich den Eseln unter!“, schildern die Betreuerinnen, was sie schon nach wenigen Wochen beobachtet haben. Und in der Tat: Gerade versucht Luke, den Jack zum Weitergehen zu animieren, während Gustav von hinten Josua anstupst. „Na, hast Du ein bisschen Spaß an Josua?“, fragt die Betreuerin. „Offensichtlich ja!“ Nach zweieinhalb Stunden und gestärkt dank Pizza-Taxi ins Grüne fahren zehn Kinder sichtbar glücklich nach Hause. Und Winfried Dickel, Vorsitzender von Semper Idem freut sich: „Esel gehören seit Jahrhunderten zu Brilon. Ohne die Esel hätten unsere Vorfahren nicht überleben können. Deshalb lieben und verehren wir unsere Briloner Nachtigallen so sehr. Heute müssen sie kein Getreide oder Holz schleppen. Heute transportieren unsere Esel Brilons Historie und Geschichten.“
Geschichten transportieren, die Heimat bekannter machen… klingt doch nach Jörg, Olli und Sören. Auch sie sind Briloner und transportieren Geschichten in und für ihre Heimat, die sie so lieben. Gern lassen sie sich auch mal füttern und verwöhnen: mit Geschichten, Anzeigen, Aufträgen und Unterstützung jeder Art für ihre Sache.
Ihr Blick gleicht dem stolzesten Eselblick, wenn sie sagen:
„Wir wollen keinem was, nur Brilon!“