Ein Rucksack voller Walderlebnisse

Friedel Schumacher blickt auf 25 Jahre „Brilon natürlich“

„Du bist zeitlebens für
das verantwortlich,
was du dir vertraut gemacht hast!“

Es ist schon ansteckend – dieses zufriedene Lächeln, als ich Friedel Schumacher zum Interview treffe. Hatten wir doch schon telefonisch das Hauptthema besprochen „Brilon natürlich wird 25“. Friedel Schumacher folgte unserer Interview-Einladung gerne und ließ mich vom ersten Moment an spüren – in diesem waschechten Briloner Projekt steckt ganz viel Herzblut.

Frage: Brilon natürlich feiert 2020 den 25. Geburtstag. Wer hatte die Idee?

F. Schumacher: „Die Idee kam mir 1995 bei einer Art Zukunftswerkstatt, die >Tourismus in Brilon 2005< hieß. Hintergrund war mein pädagogisches Konzept der Jugendherberge> Mit allen Sinnen Natur begreifen<. Kinder sollten raus in die Natur und durch eigene Entdeckungen statt durch Biologiebücher lernen. Parallel gründete ich den Arbeitskreis Natur und Landschaft beim damaligen Verkehrsverein in Zusammenarbeit mit Forstamt, Heimatbund, Stadtmuseum und Bauernhof Bals.

Wie hieß die erste Veranstaltung?
„Ein Rucksack voller Walderlebnisse“ – heute ein Sinnbild für Brilon Natürlich – Schlafbrillen, Entdeckungsgläser, Pinzetten und viele Unterlagen für eigene Naturerfahrungen und Mitmach-Aktionen, die so typisch für uns sind. Diese Veranstaltung findet auch heute noch in ähnlicher Form statt.

Wie ist der Name entstanden?

Das war nicht schwer, denn die damaligen Teilnehmer waren alle mit Wald und Natur verbunden – heute eine Bestätigung des Erfolges, da dieser Titel in vielen Städten Nachahmung gefunden hat.

Viele Kinder der erste Stunde sind heute erwachsen. Schicken Kinder von damals heute ihre Kinder?

Das kommt natürlich immer wieder vor – und ja, es bestätigt, dass Kinder, die mit guten Erinnerungen ausgestattet sind, immer wieder gern zu uns kommen oder Brilon in den Ferien besuchen. Unser Anliegen, durch positive gemeinschaftliche Naturerlebnisse und einem starken sozialen Miteinander einen Beitrag zur Entwicklung des Naturbewusstseins zu leisten, hat Erfolg gehabt. Der Einsatz für den Wert und Erhalt unserer Naturvielfalt hat sich gelohnt! Wir haben somit auch die Grundlage für einen sanften, nachhaltigen Tourismus in Brilon gelegt.

Was war das spannendste Erlebnis in den letzten 25 Jahren?

Das waren und sind immer die Wertschätzungen, die uns neben Lob und Kritik übermittelt werden. Wir haben zum Beispiel den Klimaschutzpreis der Stadt erhalten und viele weitere Auszeichnungen bekommen. Brilon natürlich hat sich den Rothaarsteig seit seiner Gründung auf die Fahnen geschrieben, einem Glücksfall für unsere Stadt! Ich erinnere mich gern…ein großes Fest an der Hiebammen Hütte, das überregional Anklang fand und Aufmerksamkeit erregte. Darauf kann man mit Stolz zurückblicken. Sauerland-Tourismuschef Thomas Weber ehrte uns 2014 erstmalig als „ausgezeichnetes Projekt“ in der >UN-Dekade Biologische Vielfalt<. Auch 2020 ist unser Aktionsprogramm passend zum Jubiläumsjahr ausgezeichnet worden. Leider konnten wir diese Würdigung noch nicht feiern.

Das Jubiläumsjahr war sicher anders gedacht. Umso schöner, dass ein abgespecktes Programm stattfinden kann? Merken Sie aktuell Auswirkungen auf die Vielfalt der Natur?
Die Artenvielfalt auf unserem Planeten ist extrem bedroht. Stichwort: Insektensterben. Wir wissen um die verheerenden Schäden, die der Klimawandel in unseren Wäldern verursacht und führen diese bei unseren Veranstaltungen auch vor Augen. Jeder einzelne kann nämlich durch richtiges Handeln ein wenig zur Besserung beitragen. Die Vielfalt unseres Programms ist durch Corona eingeschränkt. Die Indoorveranstaltungen müssen entfallen und auch erfahrene Kolleginnen und Kollegen können als Risikogruppe nicht teilnehmen. Wir sind froh, dass wir trotz Coronabedingungen aktuell 65 Termine anbieten konnten.

Herr Schumacher, darf man erfahren, wie sie Brilon vielleicht noch natürlicher machen?
Es gibt immer – nicht nur von mir – tolle Ideen, die unsere Qualität und Programmvielfalt garantieren: Zum Beispiel auf der Ebene Gesundheitstourismus mit Kneipp-Themen oder unsere „Offenen Gärten“, die sich – so wie wir alle – auf die Hansetage gefreut hatten. Auch die Einbindung der >Sauerland Seelenorte< kann ich mir vorstellen. Die Kreativität meines Teams ist eine verlässliche Größe, und auch in Zukunft werden wir in Brilon mitgestalten. Viele Institutionen haben im Netzwerk „Brilon aktiv“ als außerschulische Partner bzw. Lernorte den Zugang zu den Schulen gefunden und tragen im Landesprogramm „Schule der Zukunft“ zur Unterrichtsqualität bei. Es ist schon toll, was wir hier im ländlichen Raum alles zu bieten haben. Aktuell
beteilige ich mich an dem Projekt >Nachhaltiges Brilon< im Themenkreis Bildung. Mit einem Glücksrad wollen wir die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die die Vereinten Nationen 2015 ausgerufen haben, bekannter machen. Interessierte sind in diesem Projekt immer willkommen.

Glauben Sie, dass man Nachwuchsfachkräfte von morgen mit solchen Aktionen wie Brilon Natürlich auch bei der Berufsplanung an Brilon binden kann?
Auf jeden Fall! Da kommt das Zusammenspiel von „Kennenlernen – Schätzen – Schützen“ ins Spiel. Wer die Natur und den Wald, obwohl dieser gerade im Umbruch ist, mit allen Sinnen wahrzunehmen lernt, wird sich für sie begeistern können. Er wird sich für Brilon, seine Geschichte und seine Umgebung interessieren und sich identifizieren. Die Bindung wird stärker, Wertschätzung und ein Heimatbewusstsein entstehen. Kindheitserfahrungen, wie wir sie vermitteln, bilden dafür die Basis zu einer Verwurzelung und Bindung an die Heimat. Auch bei mir sind solche Kindheitserinnerungen bis heute prägend. Das Erlebnis der ersten Übernachtung im Freien in der Lüttmecke in Brilon Wald bleibt unvergesslich.

Habe Sie eine Lieblingsveranstaltung.?
Natürlich die, die man selber durchgeführt hat – ich möchte aber keine präferieren… Letztlich bin ich ein Anhänger der Bionik. Die Natur steht Pate für viele Innovationen. Unser Programm heißt: „Natur macht erfinderisch“ und die Riesenameise im Kurpark, die wir schon vor 15 Jahren aufgestellt haben, ist als Zeichen für Schwarmintelligenz unser Symbol dafür.

Sind die Veranstaltungen kostenfrei?
Ja. Nur einige wenige erheben Eintrittsgebühren, wie z.B. bei den Bruchhauser Steinen oder aber Veranstaltungen, bei denen Materialkosten anfallen…

Wo können Familien sich über BN informieren und ihre Kinder anmelden?
Verantwortlich für unser Programm ist Tina Gosmann. Anmeldungen sind bei der BWT (Brilon Wirtschaft und Tourismus GmbH) möglich. Natürlich auch online über die Internetseite www.tourismus-brilon-olsberg.de

Gibt es einen Lieblingsplatz, den Sie unseren Lesern empfehlen können?
Aber klar, es gibt einige: den Ginsterkopf mit Blick auf die Bruchhauser Steine, die Almequellen, aber vor allem Hiebammen Hütte – stundenlang könnte ich über die Events in der Hilbringse erzählen… aber das machen wir gerne in einer der nächsten Ausgaben eures Magazins „Eselsohr“… Dieses Versprechen nehmen wir gerne auf, bedanken uns sehr bei Friedel Schumacher für das angenehme Interview und wünschen von Herzen alles Gute für Ihre Zukunft und die von Brilon natürlich!

Autor: Jörg Schlüter, im September 2020