100 Jahre Jagd in Radlinghausen.

Ein Blick auf Tradition, Nachhaltigkeit und Kontinuität Brilon. Die Jagd ist weit mehr als nur ein uraltes Handwerk. Sie steht für Nachhaltigkeit, Tradition und vor allem Kontinuität. Besonders deutlich wird das, wenn ein Jagdrevier seit einem

Ein Blick auf Tradition, Nachhaltigkeit und Kontinuität

Brilon. Die Jagd ist weit mehr als nur ein uraltes Handwerk. Sie steht für Nachhaltigkeit, Tradition und vor allem Kontinuität. Besonders deutlich wird das, wenn ein Jagdrevier seit einem ganzen Jahrhundert von einer Familie bewirtschaftet wird. So erlebbar in Radlinghausen – das Eselsohr blickt auf 100 Jahre jagdliche Geschichte.

1924 pachtet Karl Buxort den genossenschaftlichen Jagdbezirk Radlinghausen, der 302 Hektar umfasst und im Amt Thülen, Kreis Brilon liegt. Wer konnte schon ahnen, dass ein Jahrhundert später immer noch ein Buxort der Pächter ist. Zu diesem Zeitpunkt waren die Schrecken des Ersten Weltkriegs erst sechs Jahre vorbei, die Inflation von 1923 überwunden, und das ländliche Leben erholte sich langsam. Karl Buxort, war ein Mann, der die Natur, den Wald und die Jagd liebte.

Um das Jagdrevier zu pachten, schlug er einen ungewöhnlichen Deal vor: Er übernahm die Kosten für den Zuchtbullen des Dorfes und erhielt dafür die Jagdpacht. Mit zwei Mitpächtern begann
die Jagd am 1. April 1924.

Damals gab es noch keine Hochsitze, gejagt wurde bei Pirschgängen zu Fuß – auf Rehwild, Hasen und Füchse. Ab 1932 fanden die Jagdgesellschaften ihren Treffpunkt in einer neu erbauten Jagdhütte, die bis heute besteht. Immer mehr Jäger aus der Region, darunter auch aus der nahen Kreisstadt Brilon, schlossen sich an. Neben der Hütte wurde der Gasthof Vogtland-Schneider zu
einem regelmäßigen Treffpunkt und es entstand eine Gemeinschaft, die heute noch gelebt wird.

Der Jägerstammtisch in Radlinghausen hat die Jagd tief in die dörfliche Gemeinschaft integriert und das Verständnis für die Jagd in der Bevölkerung gefördert. Besonders in schwierigen Zeiten, wie während des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, bewährte sich der Zusammenhalt der Jägerschaft. Erst 1950 konnte der Jagdbetrieb wieder vollständig aufgenommen werden. Paul Buxort trat an der Seite seines Vaters als Mitpächter in die Jagd ein – der Beginn der Revier-Blütezeit. Die Nachkriegsjahre brachten Wohlstand, und die Geselligkeit wurde wieder zu einem wichtigen Bestandteil der Jagdkultur – von kleinen Runden in der Jagdhütte bis hin zu den Treffen des mittlerweile 20-köpfigen Stammtisches im Gasthof, häufig mit den Familien der Jäger. Traditionen wie gemeinsames Singen und das Kartoffelbraten nach Drückjagden sind bis heute lebendig

1983 trat Heinz Buxort, der jüngere Bruder von Paul, in die Fußstapfen der Familie. Auch er verstand es, die Jagd als Plattform zur Vernetzung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen zu nutzen. Mittwochs treffen sich die Jäger im Dorf, und das Interesse an der Jagd und den damit verbundenen Geschichten bleibt bis heute groß. Das Revier entwickelte sich über die Jahre nicht nur jagdlich, sondern auch durch zahlreiche Naturschutzmaßnahmen weiter.

Mit Mathias Buxort trat 1991 die dritte Generation der Familie in die alleinige Verantwortung des Jagdreviers. Seine Zusammenarbeit mit den Landwirten funktioniert und bei Wildschäden werden stets faire Lösungen gefunden – ein Zeichen des über Jahrzehnte aufgebauten Vertrauens zwischen den Beteiligten. Mathias Buxort führte das Revier im Sinne seiner Vorgänger weiter und setzte mit innovativen Ideen neue Impulse für das Zusammenspiel von Jagd und Natur. Bis heute gehören Wald, Landwirtschaft, Jagd und Naturschutz fest zusammen. Die Jagdpacht wurde um weitere neun Jahre verlängert und auch die nächste Generation steht bereit: Gemeinsam mit Jagdaufseher Frank Müller, seiner Frau Kati, Tochter Marleen und Schwiegersohn Nick geht die Familie auf die Pirsch.

Der Blick auf die einhundert zurückliegenden Jahre zeigt, dass Jagd vieles zu leisten vermag, wenn die Menschen die Sache zielgerichtet und unter Berücksichtigung aller angehen. Sie wirkt integrativ, bringt Menschen zueinander, die sich sonst vielleicht nie begegnen würden. Sie wirkt nachhaltig, denn sie vereinigt Natur und Kultur. Und nicht zuletzt wirkt sie kontinuierlich, wenn sie von vernünftigen Menschen vernünftig ausgeübt wird. Einhundert Jahre Jagd in Radlinghausen zeigen dies eindrücklich.